Mein Übergriffs-Erlebnis und seine Folgen oder
Schambesetzte Sexualität und ihre Hintergründe

Puuuhhh …. heute morgen hat mich wieder mein Übergriffsthema aus der Kindheit eingeholt.
Ich `dachte´ eigentlich an ein ganz anderes (auch schambehaftetes) Erlebnis, das so in keinem Zusammenhang zu dem Übergriff stand, nur `der Ort des Geschehens´ war der gleiche...
Warum auch immer fiel mir ein Erlebnis ein, für das ich mich damals sehr schämte – wobei es dabei eig. nichts zu schämen gab – weil es einfach aus kindlicher Spielerei entstand aber doch irgendwie skuril und mir dann natülich als `dumm´ erschien...
Ich war ca. 11 und ich erinnere mich vage, dass besagtes Erlebnis `nach´ dem Übergriff stattfand.
Vorweg muss ich dazu etwas ausholen... und ich merke gerade, dass ich gar nicht recht weiß, in welcher Reihenfolge ich das jetzt erzähle, weil sich dabei einiges ineinanderzieht...
Nun, meine Mutter und mein Vater hatten zu der Zeit jeder eine Gastwirtschaft. Ich war bei meiner Mutter und kannte die Gäste sehr gut, da ich bis zu dem Übergriff oft und gerne mit ihnen zusammen am Stammtisch saß...
Eines Abends – keine Ahnung warum – ich hatte den `Überzug´ eines Regenschirmes an dem unten ein Metallring für die Spitze eingearbeitet war. Ich probierte diesen Ring an meinen Fingern und er passte mir auf den kleinen Finger wunderbar. Doch als ich ihn wieder abziehen wollte, ging er nicht wieder runter. Ich probierte alles aus damals und da ich schon öfter mitbekommen habe, dass man festsitzende Ringe am Finger mit Seife leichter abbekommt, versuchte ich auch das. Doch es fing an zu bluten, weil der Metallring innen einen – wie nenn ich das jetzt – wie ein Widerhacken nach innen scharfkanntig war. Es half alles nichts und ich war total verzweifelt. Ich wollte mich niemandem anvertrauen mit `meiner Dummheit´ ihn überhaupt angezogen zu haben... Alle möglichen Horrorszenarien spiele mein kindlicher Kopf durch.
Irgendwann war mir aber klar, dass ich nicht drum herum kam, und ging tief beschämt für meine Dummheit und kleinlaut zu meiner Mutter und zeigte ihr mein Maleur.
Ich schämte mich unendlich. Meine Mutter besprach es mit den Gästen und einer (den ich sehr mochte, weil warmherziger Mensch) nahm mich mit auf seinen Hof und befreite mich von dieser Fessel.... Er und seine Familie war so unheimlich verständnisvoll (jetzt muss ich heulen) wie ich es von meiner (außer Mutter) nicht kannte... Seine Mutter machte mir einen heißen Kakako, weil Er mich grad nicht zurückbringen konnte. Dann kam er und nahm mich mit in den Stall und zeigte mir ein gerade geborenes Kalb. :-O Ich war damals überwältigt von sooo viel Liebe und Freundlichkeit mir gegenüber – MIR... und freute mich so sehr über das süße Kalb...
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Das war der `Einstieg´ in die Erinnerung an den Übergriff, den ich einfach mal mit einigen der weiteren Zusammenhänge und einem Teil, was über mein Leben daraus `erwachsen´ ist erzähle. Denn es fand an `diesem´ Stammtisch statt...
Die Zusammenhänge beginnen schon fiel früher – das was überhaupt zu der Konstellation geführt hat, damit dieses Erlebnis stattfinden `konnte´...
Mit meiner Geburt war ich das Lieblingskind meines Vater. Das wirkte sich auf das Verhältnis zu meinen Geschwistern oder mehr auf ihr Verhältnis zu mir enorm aus. Und da mein Vater an ihnen selten ein gutes Haar ließ, nahm ich mich sehr zurück. Ich erlaubte mir nicht mehr, seine Liebe, seine Aufmerksamkeit zu `nehmen´, sie zu suchen...
Als meine Eltern dann mit den Gastwirtschaften begannen, kompensierte ich dieses Defizit, indem ich mit Vorliebe am Stammtisch bei den Männern die Aufmerksamkeit suchte, bekam und genoss...
Das wurde mir dann mit 11 Jahren zum Verhängnis.
Ich saß, `wie immer´ mitten unter ihnen am Stammtisch in Mama´s Lokal. Das war nie ein Thema gewesen. Die Gäste freuten sich über die neugierige, aufgeweckte und kontaktfreudige Kleine...
Ja, damals war ich das noch – bis zu jenem Tag...
Ich habe noch nicht wieder den genauen Hergang in Erinnerung – ich saß zwischen zwei der Männer am Tisch und gegenüber saßen auch zwei – es waren noch mehr am Tisch.
(Ich hab mich inzwischen immer wieder gefragt, wie es sein konnte, dass so absolut niemand etwas davon mitgekriegt hatte).
Der Mann rechts neben mir – ein älterer Herr der, glaube ich, immer einen Trachtenjanker an hatte – ich erinnere mich beim besten Willen nicht mehr an seinen Namen, schob seine linke Hand unterm Tisch über mein Bein und grub sich in meine Hose. (dabei setzt sich jetzt eine dicker Kloß in meinen oberen Brustbereich).
Ich erinnere mich, dass ich wie erstarrt dasaß aber mir nichts anmerken ließ.
Er spielte mit – puh - `mir´ (ich bring es einfach nicht `über meine Lippen´) und drang sogar mit seinem Finger in mich ein.
Der Kloß wird gerade dicker und mich schauert es. Tränen steigen auf..
Die Kleine tief in mir weint und zittert ob der Hilflosigkeit mitten unter den anderen Menschen, die damals nichts bemerkten.
Als er von mir abließ – wie beschreib ich das jetzt – ich `flüchtete´ sofort, jedoch so gefasst, wie eine 11 jährige in solch einer Situation nur sein konnte, damit niemand bemerkte, was geschehen war. Im verschleiern meiner innersten Gefühle war ich damals schon lange sehr geübt.
Mich jemandem anzuvertrauen war absolut unmöglich. Mein Vater hätte diesen Mann umgebracht und überhaupt – wieder die Aufmerksamkeit (meines Vaters) `in Anspruch nehmen´, wo ich gefühlt dadurch ja selbst schuld war und dadurch noch mehr `Schwierigkeiten´ machen???
Sehr skuril und verrückt: weil ich schämte mich unheimlich und fühlte mich wirklich schuldig, weil ich – wie ich heute weiß – die Aufmerksamkeit und dadurch stellvertretend Liebe von diesen Männern – wieder stellvertretend für meinen Vater – gesucht und genossen habe – und das war der Preis – die Strafe dafür, Liebe und Aufmerksamkeit zu wollen...
Das war mein damaliges Empfinden dazu – meine Quintessent dieses Erlebnisses.
Schließlich wurde ich von meinen Geschwistern ja mit Ablehnung, Ausgrenzung und – heute nennt man es Mobbing, gestraf weil ich die Liebe meines Vater `genoss´ (bis ich mir klar war, was es bewirkt)...
Es war der letzte Tag, an dem ich in der Gaststube war. Ja, noch nicht einmal etwas zu trinken wagte ich mir mehr zu holen. Wenn mir meine Mutter nichts brachte, ließ ich mir lieber Wasser von der Leitung runter...
Ich wagte mich keinen Schritt mehr `in die Öffentlichkeit´ (hier liegt der Grundstock für mein heutiges Problem, nach Außen zu treten) und vermied es, je wieder in solcher Konstellation zu sein.
Ich erinnere mich, dass meine Mutter gefagt wurde, warum sie mich nicht mehr ins Lokal lasse. Sie sagte, dass ich sehr wohl dürfe aber nicht wolle...
Ich erinnere mich jedoch nicht daran, dass ich gefragt wurde, warum ich nicht mehr wolle.... Sicherlich habe ich das so verdrängt, weil ich mich eben sooo geschämt habe und diese Frage deshalb niemals beantwortet hätte... Ich schämte mich `für mich selbst´ - dass ich war, wie ich war – dass ich überhaupt `da´ war und `Liebe suchte´ in Form von Aufmerksamkeit. Und ich verhielt mich von da an absolut unscheinbar und machte mich möglichst unsichtbar...
Das passierte alles unbewusst, denn ich hatte dieses Erlebnis sehr gut verdrängt. Ich wusste nichts, absolut nichts mehr davon – bis meine Tochter bei meinem letzten Freund (einem Gastwirt) in selbiger Situation – ebenso gerne, weil ebenso kontakt- und kommunikationsfreudig wie ich einst und interessanter Weise auch 11jahrig damals – plötzlich am Stammtisch unter den Männer saß und ich innerlich in Panik ausbrach und sie `rausholte´... Ich selbst hielt mich immer noch lieber im Hintergrund – in der Küche auf und möglichst (bis dahin) von den Gästen fern...
Das geschah 2-3x, dass ich sie `raus´ holte und ich konnte ihr ihre berechtigte Frage, die sie jedesmal stellte nicht beantworten, warum sie da denn nicht dort sitzen dürfe...
Ich stellte mir die Frage dann selbst und daraufhin öffnete sich mir langsam die im Gefühl unbeschreibliche Erinnerung wieder...
Und sie erkärte mir mit einem Mal klar und deutlich meine fast panische Angst, die sich mit der Geburt meiner Tochter einstellte, dass `so etwas´ auch ihr passieren könnte und ich sie davor mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln schützen müsse.
Das prägte unser beider Beziehung maßgeblich – band meine Tochter regelrecht an mich, was sich ab der Erinnerung und dem Erkennen im Folgenden sehr schnell löste. Weil sich auch für mich sehr viel `erlöste´ mit dem Erkennen, was zusammenspielte...
Ich dachte bis dahin, dass diese Angst ganz `normal´ sei, weil sie schließlich ein Mädchen ist und eben Mädchen/Frauen sowas passieren kann :-P 
Daraufhin wurde mir jedoch klar, dass es MEINE ganz persönliche – aus diesem Erlebnis mitgenommene – Angst war, die ich unbewusst auf meine Tochter `übertragen´ hatte und sie somit `an mich band´.
Mit dieser Erinnerung haben sich noch viele Zusammenhänge in den folgenden, hauptsächlich aber letzen Jahren offenbart und viele Verstrickungen auch gelöst ... soooo unendlich viele Zusammenhänge aus denen mir vielfältige Verstrickungen und Erlebnisse bewusst geworden sind, die sich darauf begründen. Sie würden ein ganzes Buch füllen.
Doch mehr möchte ich an dieser Stelle jetzt nicht mehr schreiben... nur, dass dieses Ereignis – Erlebnis mein weiteres Leben maßgeblich beeinflusst hat und meine Sexualität heute (im tiefsten Innersten) noch nicht wahrhaft frei und unbeschwert ist – denn es folgten ab meiner Jugend über mein Leben verteilt weitere Erlebnisse, die – wie ich mir erst heute eingestehen kann – ebenso als sexuelle Übergriffe gelten und die ich ebenso `erdultet´ habe wie den ersten.
Jetzt wird mir grade bewusst, dass auch diese erlebten `Übergriffe´ nach dem wieder Erinnern des ursprünglichen Erlebnisses zu Ende waren...
Mein Verstand fragt gerade, warum möchte ich das mitteilen?
Ich frage, warum nicht? Brauche ich dazu einen Grund?
Nein, es wollte einfach geschrieben werden und darf einfach auch `raus´ gehen...
Ich bin Mensch, wie Du – mit Erlebnissen und Gefühlen wie Du -
nimm dir daraus, was dich bewegt und anspricht – oder auch nicht <3
Es wa(h)r – wie es WAR (in meinem Erleben und meinem Empfinden) – es ist, wie es IST – ebenso in meinem Erleben und Empfinden... - Wie auch alles war und ist in DEINEM Erleben und DEINEM Empfinden.
Aus dem Herzen für dich
© Monika Anasha
22.Mai 18


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